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Was vom Manne übrig blieb

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Hauptseite » Bücher (Liste) » Was vom Manne übrig blieb
Was vom Manne übrig blieb (2012)
Autor
Walter Hollstein
Titel
Was vom Manne übrig blieb
Krise und Zukunft des starken Geschlechts
Verlag
Aufbau-Verlag, 2008, ISBN 3-351-02659-5, 1. Auflage
Titel
Was vom Manne übrig blieb
Das missachtete Geschlecht
Verlag
Opus Magnum, 2012, ISBN 3-939322-57-1, komplett überarbeitete Neuauflage

Inhaltsverzeichnis

Vorwort: Ende oder Zukunft der Männer?
  1. Kapitel: Männer in der Krise
  2. Kapitel: Die Entmännlichung des Mannes - Vom Helden zum Funktionär
  3. Kapitel: Männlichkeit im Widerspruch - Die schizophrene Lage heutiger Männer
  4. Kapitel: Das Drama der Männlichkeit - Die Erziehung des Jungen zum Mann
  5. Kapitel: Aus der Frau, von der Frau weg, zu den Frauen hin - Söhne und Mütter, Männer und Frauen
  6. Kapitel: Männerwelten - Männer und Männer, Söhne und Väter
  7. Kapitel: Opfertäter, Täteropfer - Das Leid von Jungen und Männern
  8. Kapitel: Misandrie - Begründung und Ausbreitung von Männerhass
  9. Kapitel: Was vom Manne übrig blieb - Das Problem der männlichen Identität
  10. Kapitel: Müssen Männer Helden sein? - Nachträgliche Wege zur Männlichkeit
  11. Kapitel: Das vernachlässigte Geschlecht - Jungen und Männer in der Gleichstellungspolitik
  12. Kapitel: Gemeinsam wären wir stark - Mädchen und Jungen; Männer und Frauen

Kurzbeschreibung

Männerforscher Walter Hollstein geht auf fundierte und kurzweilige Art der Frage nach, was es heute bedeutet, ein Mann zu sein. Sein Resümee: Die Gesellschaft muss nach vier Jahrzehnten Feminismus auch ihr Bild vom Mann neu definieren. Männer wurden lange Zeit als Wesen ohne Probleme wahrgenommen, sie verfügten über Macht, verdienten mehr Geld als Frauen, galten als potent - sozial, politisch, sexuell, gesundheitlich, beruflich. Doch zunehmend steckt das "starke Geschlecht" in der Krise: In Industrie­nationen sterben Männer durchschnittlich sechs Jahre früher als Frauen, Jungen schneiden in der Ausbildung und im Studium häufig schlechter ab als Mädchen, Obdachlosigkeit, Suchtkrankheiten, Suizid treffen deutlich mehr Männer als Frauen. Mit anderen Worten: Der Lack der traditionellen Männlichkeit ist ab. "Entsteht endlich eine Männerbewegung?", fragte "Der Spiegel" den Männerforscher Walter Hollstein zum Thema. In diesem Buch gibt er Antworten: Fundiert und unterhaltsam untersucht er Männlichkeits­bilder, überholte Klischees und weist Wege in die Zukunft.

Rezension

Eine elende Situation, ein großartiges Buch
Arne Hoffmann, 11. Juni 2008
Walter Hollstein gilt seit Jahrzehnten als einer der bekanntesten und anerkanntesten Männer­forscher des deutsch­sprachigen Raums. Er lehrt als Professor für politische Soziologie in Berlin, ist Gutachter des Europarates für Geschlechter­fragen und Träger des Deutschen Sach­buch­preises. Mit "Was vom Manne übrig bleib" liegt nun ein Höhepunkt seines Schaffens vor - und zugleich eines der inhaltlich wohl wertvollsten Bücher des bisherigen Jahres. Es enthält nur ein kleines Manko, das ihm letztlich meine Höchst­wertung verwehrt. Aber ich würde viel lieber zunächst über das Positive sprechen; es gibt Tonnen davon.
Auf den Punkt gebracht: Ich habe seit Jahren nicht mehr eine so gute Darstellung über die Situation des Mannes in unserer Gesellschaft gelesen. Hollstein legt den Schwerpunkt auf die politisch-soziale Analyse der Gegenwart, in angenehmen Dosierungen sind auch einige Exkurse über kultur­geschicht­liche und psychologische Hintergründe beigemischt. Das, was Hollstein in bemerkenswert deutlichen Worten zur Sprache bringt, ist dabei so brisant, dass sein Buch, lebten wir in einer gerechten Welt, die ersten Ränge der Best­seller­listen einnehmen müsste.
Zugestanden: Viele der vielfältigen Schlechter­stellungen von Männern, die Hollstein anspricht, sind zumindest in der Männerszene im Internet bereits bekannt: etwa die sexistische Wehrpflicht, die Entrechtung der Väter und die massive Benachteiligung von Männern im Gesundheits­wesen oder dass Frauen bei denselben Delikten, für die Männer bestraft werden, häufig straffrei ausgehen. Aber Hollstein breitet auch vieles aus, was einem selbst als kundigem Leser in diesem Bereich zumindest noch nicht dermaßen klar war. Drei beispielhafte Schlaglichter:
  • "Wurde die höhere Arbeitslosigkeit von Frauen als gesamt­gesell­schaft­licher Skandal bezeichnet", schreibt Hollstein, "wird nun die höhere Arbeits­losigkeit von Männern als Selbst­ver­ständ­lich­keit hingenommen." Die Folge: "Eine ganze Palette von Internet-Angeboten führen Frauen an die so genannten Männer­berufe heran, dagegen gibt es keine Internet-Seiten für jene Männer, die sich für die so genannten Frauenberufe interessieren. (...) Unzählige Informations­broschüren und Handbücher informieren Frauen und Mädchen über alle relevanten Bereiche des Lebens wie Gesundheit, Berufs- und Lebens­planung, Finanzen, Versicherungen, Finanzierung der Ausbildung etc.; für Jungen und Männer gibt es kein vergleichbares Angebot."
  • Männern stehen im Vergleich zu Frauen "nur ein unzureichendes Angebot an Hilfs- und Betreuungs­möglich­keiten im Alter zur Verfügung, wie der Alters- und Familien­forscher Francois Höpflinger belegt hat. Frauen werden in den Alters- und Pflegeheimen mit spezifisch weiblichen Beschäftigungs- und Unter­haltungs­programmen versorgt, Männer nicht"
  • Anerkannten Experten zufolge "werden in Deutschland jährlich bis zu 1,4 Millionen Jungen von ihren Müttern und anderen weiblichen Familien­mitgliedern sexuell missbraucht. Während für missbrauchte Mädchen ein breites Netz- von Hilfe und Therapiemöglichkeiten zur Verfügung gestellt worden ist, gibt es für Jungen nur sechs Beratungsstellen im ganzen Land." Ursula Enders von der Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch "Zartbitter" geht davon aus, "dass maximal fünf Prozent der Jungen, die von Frauen ausgebeutet werden, als Opfer erkannt werden."
Nicht wenige dieser Benachteiligungen von Männern führt Hollstein auf de gesell­schaft­lichen Durchmarsch eines massiv einseitigen Feminismus zurück. Das gilt beispielsweise für das Erziehungs­wesen. Wenn mittlerweile selbst das Bundes­frauen­ministerium in einer unter der Hand veröffentlichten Studie feststellen muss, dass Mädchen für gleiche Leistungen bessere Noten bekommen als Jungen, dann erinnert Hollstein daran, dass "der ideologische Feminismus klar die Gebrauchs­anweisung" formuliert hatte, "dass Jungen benachteiligt werden müssen, damit Mädchen aufholen können." Als Beleg zitiert Hollstein zunächst eine Autorin von Alice Schwarzers Zeitschrift "Emma": "Wenn wir wollen, dass es unsere Töchter einmal leichter haben, müssen wir es unseren Söhnen schwerer machen. Auch wenn es weh tut." Dazu führt Hollstein aus: "In der Realität bleib es nicht bei solchen Slogans, sondern sie wurden auch in der Schul-, Erziehungs- und Gleichstellungs­politik in gesellschaftliche Praxis umgesetzt. Frauen- und Gleich­stellungs­ministerinnen wie zum Beispiel Ilse Ridder-Melchers in Nordrhein-Westfalen bekannten sich immer wieder zu solchen Maximen, die Jungen bewusst diskriminierten, um Mädchen ebenso bewusst zu fördern." Der Effekt ist bekannt: Jungen besuchen inzwischen weit überwiegend niedrigere Schulzweige, erhalten schlechtere Noten, machen weniger gute Abschlüsse, neigen immer häufiger auch zur Gewalt. Selbst das ideologische Ziel der Feministinnen beginnt unter diesem Debakel zu leiden: So belegt die Shellstudie von 2006, dass mehr als 70 Prozent der deutschen Schüler sich ausdrücklich keine emanzipierte Partnerin wünschen.
Wer kann es ihnen verdenken, wenn der blinde Irrwitz mittlerweile so institutionalisiert ist, wie Hollstein an einem einfachen Beispiel der misslungenen Umerziehung von Männern deutlich macht: "2007 gibt das deutsche Bundes­frauen- und Familien­ministerium 'Porträts von Männern im Aufbruch' heraus, Verfasserinnen sind zwei Frauen, von denen zumindest eine sich als Feministin versteht. Das ist alles ganz selbstverständlich, doch was wäre, wenn das (Ministerium) ein Buch über die Veränderung von Frauen herausgäbe, das von zwei Männern verfasst wird, die Mitglieder der 'Männerpartei' sind. Der Aufschrei im Lande wäre gewaltig; das Umgekehrte hingegen wird als normal akzeptiert."
Dass vieles an dieser Schieflage unseren Medien zu verschulden ist, ist natürlich auch Hollstein klar: "Pädagogen, Bischöfe oder Moderatorinnen, die ein anderes Bild zeichnen als das gegenwärtig opportune, werden flugs und unbesehen als 'Neonazis' oder 'Hassprediger' verunglimpft, statt dass erst einmal geprüft wird, wo da unter Umständen auch ein wahrer Kern sein könnte." Hier kann man sich die Vorhersage nicht ganz verkneifen, dass eben jene Einäugigkeit unserer Journalisten auch Hollsteins Buch zum Verhängnis werden dürfte: Die deutschen Medien käuen zehnmal lieber den Hype um die "Alphamädchen" wieder oder schreiben den tausendsten Artikel über Charlotte Roches Analfeminismus als sich mit den Belangen und Argumenten auch der männlichen Bevölkerung aus­einander­zu­setzen. Insofern ist es wohl kein Zufall, dass männer­politische Bücher entweder bei Verlagen erscheinen, die offenbar gerade mit der Insolvenz zu kämpfen haben (Aufbau) oder noch junge Start-Ups darstellen (Lichtschlag). Bei den Branchenführern hat eine seriöse Behandlung des Männerthemas keine Chance.
Es ist aber mehr als Desinteresse, dem Männerpolitik zum Opfer fällt. Oft genug ist es blanker Hass auf das "Tätergeschlecht". So überrascht es nicht, dass auch in Hollsteins Buch mit fast vierzig Seiten das Kapitel über die "Begründung und Ausbreitung von Männerhass" (Misandrie) den größten Teil ausmacht. Während belegt ist, dass bereits um 1800 der Mann bereits als gewalttätig, unmoralisch und trieb­gesteuert dargestellt wurde, habe in unserem Jahrhundert insbesondere der Mainstream-Feminismus "seit den späten sechziger und frühen siebziger Jahren ein Gebäude systematischer Abwertung von Männlichkeit aufgerichtet. Mit den Stilmitteln der Wiederholung, Popularisierung und Indoktrination entstand über die Jahre ein Artefakt der Deformation, der sukzessive in die öffentliche und mediale Darstellung Eingang fand." Zwar hätten sich einzelne kritische Feministinnen "immer wieder gegen diese pauschale Verurteilung der männlichen Population gewehrt. Sie konnten dabei allerdings nicht verhindern, dass sich die radikal­feministische Darstellung von Männlichkeit in den achtziger und neunziger Jahren habitualisiert hat, wie es die Soziologie nennt: Sie wurde gewohnheits­mäßig und eine feste Größe im gesellschaftlichen Diskurs." Während etwa vor Jahrzehnten Valerie Solanas "Manifest der Gesellschaft zur Vernichtung der Männer" in radikalen Frauengruppen mit Begeisterung gelesen worden sei, titele in der jüngeren Vergangenheit der SPIEGEL "Eine Krankheit namens Mann" und auf Spiegel-Online heißt es, Männer würden aus Sicht der Evolution viel zu alt. "Konsequent zu Ende gedacht", merkt Hollstein an, "müssten solche Überlegungen in ein Euthanasie­programm[wp] für Männer führen."
Als weiteres Beispiel nennt Hollstein Marilyn Frenchs bekanntestes Werk "Frauen", ein feministisches Kultbuch, das in den USA eine Millionen­auflage erreichte. Darin finden sich Passagen wie diese: "Meine Gefühle den Männern gegenüber sind das Ergebnis meiner Erfahrung. Ich empfinde wenig Sympathie für sie. Wie ein Jude, der gerade aus Dachau entlassen worden ist, sehe ich, wie der junge hübsche Nazisoldat sich windend, mit einer Kugel im Bauch, zu Boden fällt, und ich sehe nur kurz hin und gehe weiter. Ich brauche nicht einmal mit den Schultern zu zucken: Es berührt mich nicht." Hollstein bezeichnet diesen Text treffend als "Männerhass pur". Das Buch gilt indes noch 2008 laut Leserinnen-Kommentaren bei Amazon als "absolutes Muss" und "Pflicht­lektüre". Und auch die deutsche Frauenpresse der Gegenwart zwischen "Brigitte" und "Petra" kommt bei Hollstein nicht gut weg. "Der Mann erscheint coram publico heute als verachtenswerte, eher eklige und auf jeden Fall defizitäre Kreatur." Wie gewohnheits­mäßig diese Entwertung geworden sei, zeigten insbesondere die berühmten kleinen Dinge: Etwa wenn die Gruppe "Cosmos Direct" für eine Lebens­versicherung wirbt, indem ein kleines Mädchen in TV-Spots "Du, Mama, wenn Papa tot ist, kaufe ich mir erst mal einen Ponyhof" äußert, woraufhin die Mutter erwidert "Moment. Wenn Papa weg ist, kaufe ich mir erst mal 'ne Finca auf Mallorca." (Das ganze Gespräch geschieht in Gegenwart des dem gegenüber als völlig hilflos dargestellten Vaters.) Ein kaum weniger frappantes Beispiel ist es, wenn der RBB in den Abend­nach­richten über den Schießbefehl an der deutsch-deutschen Grenze empört berichtet, dass "sogar auf Frauen und Kinder" geschossen werden sollte. (Nur auf Männer zu schießen erschien offenbar als halb so schlimm.)
Wie der umfassende Männerhass in unserer Gesellschaft erzeugt wird, verdeutlicht Hollstein an einer feministischen Studie über "geschlechts­spezifische Gewalt", der zufolge in den USA jährlich fast vier Millionen Frauen zu Tode geprügelt würden. ("Danach dürfte es eigentlich schon kaum noch Frauen in den USA geben" kommentiert Hollstein trocken.) Mit derartigen "falschen Behauptungen, Projektionen und Verzerrungen" werde jedoch ein "Horrorszenario entworfen, um den weiblichen Opferstatus ebenso zu zementieren wie den männlichen Täterstatus". Hierzu zitiert Hollstein Elisabeth Badinter: "Diese systematische Viktimisierung hat natürlich auch ihre Vorteile. Zunächst einmal fühlt man sich sofort auf der richtigen Seite der Barrikade. Nicht nur, weil das Opfer immer recht hat, sondern auch, weil es im selben Maße Mitleid erweckt, wie der Täter gnadenlosen Hass auf sich zieht."
Tatsächlich allerdings ergibt die aktuelle Forschung (Hollstein nennt hier das Buch "Tatort Familie. Häusliche Gewalt im gesellschaftlichen Kontext" von Siegfried Lamnek und Ralf Ottermann), "dass der prozentuale Anteil der Ehefrauen, die physische Gewalt ausüben, größer ist als der der Männer, obwohl Männer etwas häufiger schwere Verletzungen verursachen." Dabei werde allerdings die Häufigkeit der häuslichen Gewalt ohnehin kontinuierlich in den Medien auf unseriöseste Weise hochgesteigert: "Nach der neuesten Studie im deutsch­sprachigen Raum von Luedtke und Lamnek ergibt sich, dass sich in knapp sechs Prozent der Familien die Gewalt gegen den Partner richtet. Entsprechend solchen Befunden relativieren sich 'geschlechter­politische' Zahlen, nach denen angeblich jede dritte Beziehung in Deutschland gewaltbelastet sein soll, wie das (Bundes­frauen­ministerium) 2003 behauptet und 2007 in der Version wiederholt, dass jede dritte Frau in Deutschland misshandelt worden sei."
Vor diesem Hintergrund findet Hollstein auch klare Worte, wenn Alice Schwarzer in einen wahren Freudenrausch gerät, nachdem Lorena Bobbitt ihrem schlafenden Mann das Glied abgetrennt hatte ("Eine hat es getan. Jetzt könnte es jede tun. Der Damm ist gebrochen, Gewalt ist für Frauen kein Tabu mehr. Es kann zurückgeschlagen werden. Oder gestochen. (...) Amerikanische Hausfrauen denken beim Anblick eines Küchenmessers nicht mehr nur ans Petersiliehacken.") Das, merkt Hollstein an, sei "nicht nur als ein öffentlicher Aufruf zu Mord und Totschlag, sondern auch als Aufruf zur Gründung einer terroristischen Vereinigung zu werten. Würde zum Beispiel irgendein Islamist in diesem Stile Gewalt gegen die 'ungläubigen' Christen fordern, wäre die Bundesanwaltschaft schon am gleichen Tag auf dem Plan." Alice Schwarzer hingegen erhält zweimal das Bundes­verdienst­kreuz vom verhassten Patriarchat, von dem sie sich als Frau, wie sie noch 2008 in ihrer Börne-Preis-Rede kundtat, behandelt fühlte wie damals die Juden. Männer wie Frauen erhoben sich nach diesen Äußerungen zum Applaus.
Während es im Ausland selbstkritische Autorinnen wie Elisabeth Badinter und Christina Hoff Sommers gebe (warum wird eigentlich Wendy McElroy[wp] nicht erwähnt?), die ausführlich und einfühlsam auch die Verlust­seiten von Männlichkeit ansprechen, "halte "im deutschsprachigen Raum der Mainstream­feminismus geradezu obsessiv an seinem einseitigen Täterbild von Männlichkeit fest." Hier möchte man minimal Einspruch einlegen: Der Mainstream­feminismus (z. B. Gruppen wie NOW in den USA) verbeißt sich auch im Ausland in männer­feindliche Klischees, während auch in Deutschland kritische Feministinnen wie Katharina Rutschky und Astrid von Friesen ihr Denken auf ein höheres Niveau geführt haben. Dem unbenommen ist Hollstein zuzustimmen, wenn er das Fazit zieht: "Entsprechend der Gesetzlichkeit, dass sich in der Medien­gesellschaft die platten Formen eher duchsetzen und einprägen als die differenzierten Überlegungen, hat der ideologische Feminismus obsiegt. (...) Der zur 'Wahrheit' gewordene Mythos wird von einer feministischen Lobby in der Politik, in den Medien und in Frauen- und Gleichstellungs­büros sorgsam gepflegt; Widerstand wird diffamiert und mit Etiketten von 'Frauen­feindlichkeit' versehen. Dieser Vorwurf ist inzwischen ebenso sehr ein sozialer Todesstoß wie der Ordnungsruf des 'Antisemitismus', wenn die israelische Politik kritisiert wird." Und an einer anderen Stelle ergänzt Hollstein: "Es ist im Grunde das stalinistische Prinzip der Installierung von Totschlag­begriffen. Widerspruch ist gleichbedeutend mit 'Frauen­feindschaft'. Auch das ist Misandrie."
Verständlicherweise gibt Hollstein seiner Verwunderung darüber Ausdruck, dass die Debatte über das Verhältnis zwischen Männern und Frauen hierzulande ausgerechnet von der lesbischen Fraktion (Alice Schwarzer, Anita Heiliger und Co.) angeführt worden sei, was besonders deutlich wurde, als Schwarzers Zeitschrift "Emma" 1987 ihre Leserinnen auffforderte: "Boykottiert alle Männer!" Das bedeute für die Sexualität, dass der Plastkdildo den Penis ersetzen soll: "Männer sind kein Schicksal ... Immer mehr Frauen und Frauen benutzen sie nicht." Und noch 2007 enthalte Schwarzers biographische Rückschau "Die Antwort" die gleichen Stereotypen und Diffamierungen gegen Männer, die die Autorin schon in ihrem ersten Buch über den angeblich 'Kleinen Unterschied' verteilt habe.
Inzwischen zeigt der grassierende Männerhass kaum übersehbare Folgen: "Für die Schweiz schildert Marianne Fehr eine inzwischen 'phobisch gewordene Grund­atmosphäre' der Verdächtigungen gegenüber Männern, was sexuelle Übergriffe, Belästigungen oder Pädophilie betrifft. Obwohl sich fast alle Beschuldigungen als falsch oder bewusst instrumentalisiert erweisen, sind nun Misstrauen und Verunsicherung groß." Aber auch in Deutschland und Österreich berichten Väter-Organisation "von einer ganzen Kaskade solcher Fälle, in denen - vorzugsweise - Väter des sexuellen Missbrauchs beschuldigt werden, um ihnen das Besuchsrecht zu verweigern. In nahezu allen Fällen erweist sich dieser Vorwurf als erfunden, ohne dass die betreffenden Mütter dafür von der Justiz zur Rechenschaft gezogen werden."
Bei der Frage, wie die Geschlechterdebatte dermaßen ins Ungleich­gewicht geraten konnte, widmet sich Hollstein eingehend auch jenen Männern, die im Internet inzwischen spöttisch als "lila Pudel" und "Fifis" bezeichnet werden: jene Kinder der 68er-Bewegung[wp], die, wie Hollstein zutreffend darlegt, mit wahrer Begeisterung "das eigene Geschlecht niedermachen, ankreiden oder geißeln und dabei in voraus­eilendem Gehorsam zum Teil noch den Männerhass von Feministinnen zu übertreffen suchen". Gedankt wird ihnen ihre Unterwerfung weiblicherseits nicht, wie Hollstein an dem Beispiel Claudio Hofmanns illustriert, der für seinen anbiedernden Text "Über das Unglück kein Feminist zu sein" keine Lorbeeren erntete, sondern, als er bei Männer-raus-Sprech­chören teilnahm, von Frauen scharf angefahren wurde: "Das ist ja wohl das Letzte! Klemmt euer Scheiß-Verständnis mitsamt eurem Schwanz zwischen eure Beine und verpisst euch!" Die so undankbar behandelten Männer sind aber weit mehr als harmlose Witzfiguren, über die man sich lustig machen könnte. Sie haben zu dem besonders heiklen Problem geführt, komplett den akademischen Bereich zu verbauen, der ansonsten eine Grundlage hätte darstellen können, um auch die Situation von Männern tiefgründig zu erforschen.
Leider nämlich habe sich die Männerforschung "quasi vollumfänglich an den Erkenntnissen der Frauen­forschung orientiert und sich überdies explizit als feministisch oder profeministisch verstanden". Als Beispiel führt Hollstein den in der Tat unsäglichen Männerforscher Michael S. Kimmel an, der "männliches Leben im Wesentlichen reduziert auf Machterwerb, Gewalt, Krieg, die Unterdrückung von Mädchen und Frauen, sexistische Witze, sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung, Pornographie und Konkurrenz. Die Analyse orientiert sich nicht an den männlichen Wirklichkeiten und Bedürfnissen, sondern an feministischen Kategorien." Das wird von Hollstein zu Recht hinterfragt: Es sei "zum Beispiel sicher lobens- und ehrenwert, dass sich profeministische Männer mit dem Protest von Feministinnen gegen die Klitoris-Beschneidungen von Mädchen in Afrika solidarisieren; doch ist es zumindest merkwürdig und eigentlich auch auf eine bestimmte Weise pervers, dass sie die Beschneidung von Jungen (...) nicht zur Kenntnis nehmen", welche die diesbezügliche Forschung als sexuelle Gewalt­erfahrung mit nachgerade traumatischen Folgen erkannt hat. "Diese Problematik wird von der profeministischen Männerforschung aber gänzlich ignoriert." Insgesamt sei von diesem Zweig "leider nichts zu erwarten; sie ist erheblich mehr um die Situation der Frauen bemüht als um jene der eigenen Geschlechts­genossen, deren Bedürftigkeit sie einfach leugnet." Hollstein veranschaulicht das an dem im akademischen Bereich bekanntesten Männer­forscher der zeit­genössischen Welt, Robert W. Connell, der so originelle Konzepte anbot wie Lehrpläne für Jungen, die sich nach den Interessen der Mädchen richten und der gegenüber dem Männerforscher Warren Farrell geradezu beleidigend wurde, "weil sich Farrell als einstiger Anhänger des Feminismus nun den Belangen von Männern zugewandt habe." Im Jahr 2007 mutierte Connell offiziell zur Frau und nennt sich fortan Raewyn. (Nein, der letzte Satz war kein Scherz, auch wenn er sehr nach Monty Python klingt. Es ist Realsatire.)
Sobald sich jemand kritisch mit dem Feminismus beschäftigt, wird geradezu reflexartig der Vorwurf erhoben, er wolle wohl wieder zurück zu den Geschlechterrollen der fünfziger Jahre. So wie bei vielen Männerrechtlern muss man sich hier auch bei Hollstein allerdings keine Sorgen machen. Ihm ist vollkommen klar, wie sehr gerade das traditionelle Männerbild dazu beigetragen hat, Männer kaputt und krank zu machen. Unter anderem weist er auf eine empirische Untersuchung hin, in der sich fast drei Viertel der untersuchten Präsidenten, Direktoren, Firmenchefs und Topmanager als depressiv heraussstellten. Fatal sei in diesem Zusammenhang jedoch, dass viele Frauen für sich zwar ein verändertes, modernes Frauenbild verträten, gleichzeitig aber auf einem traditionellen Männerbild verharrten. Das gilt bis hin zu Alice Schwarzers Idol, der französischen Feministin Simone de Beauvoir, die für den amerikanischen Macho Nelson Algren schwärmte und mit ihm eine leidenschaftliche Beziehung einging. "Der erfolglose oder arbeitslose Mann ist eben 'kein richtiger Mann'" bringt Hollstein dieses Denken auf den Punkt. Dasselbe gilt für die immerhin fünf Prozent der 40jährigen Männer, die noch zu Hause wohnen (müssen). Etlichen Mänern ist wohl schon die Galle hochbekommen, wenn sie Politikerinnen wie Übermutter von der Leyen den Zeigefinger heben sehen und sie spöttisch tadeln hören, Männer müssten noch viel an sich arbeiten, um mit den Frauen Schritt zu halten und längst überholte, schädliche Verhaltens­weisen abzulegen, wenn diese Männer zugleich vielfach erlebt haben dass Frauen weit überwiegend mit denjenigen Männern in die Laken springen, die sich dem alten Männerbild gemäß immer noch mit Wonne selbst zerstören und zugrunde richten.
Hollstein spricht auch über Chancen und Wege, das derzeitige Dilemma zu überwinden. Lobend erwähnt er, dass man sich in den skandinavischen Staaten bei der Umsetzung der neuen Frauenpolitik vernünftigerweise zugleich auch um Männerbelange kümmerte. Auch in Deutschland hatten sich einige Einzelstimmen entsprechend geäußert - so etwa die Frankfurter Stadträtin für Frauen, Sylvia Schenk, die schon in den frühen neunziger Jahren einen Perspektivenwechsel gefordert und verlangt hatte, auch die Diskriminierungen gegen Männer zu sehen: "Ein Mehr an Chancen für Frauen muss einhergehen mit einem Mehr an Chancen für Männer." Die öffentliche Wahrnehmung hingegen, hier macht sich Hollstein keine Illusionen, sei durch den Einfluss der Frauenbewegung insgesamt bis heute selektiv darauf eingestellt, weder das Problemverhalten von Frauen noch die Benachteiligungen von Männern zu benennen. Wenn sich Männer verändern sollen, dann nur, damit sie für Frauen noch komfortabler sind. Allerdings liege es auch an den Männern selbst, ob sie die Situation zu ihren Gunsten verändern: "Die allgemein menschliche Erfahrung, dass es einem besser geht, wenn man Ärger und Frust nicht herunter­schluckt, sondern artikuliert, gilt mit Sicherheit nicht nur für Frauen. Männer sollten aufhören, aus ihrer Seele eine Mördergrube zu machen. Sie haben nichts mehr zu verlieren, sondern nur noch zu gewinnen."
An dieser Stelle kommen wir zu dem einzigen Manko, dieses in jeder anderen Hinsicht grandiosen Buches. Hollstein verbleibt mir allzusehr bei einer Auflistung nach dem Motto "Alles ist schlimm". Die akademische Männerforschung ist vom Feminismus geblendet (stimmt). Der Rückzug in therapeutische Männergruppen ende allzu oft bei selbst­mit­leidigem Narzissmus[wp], der alles beim Alten lässt (stimmt auch). Und die von diversen Buchverlagen gestützte Rückkehr zu John Wayne und mehr Machtotum gehe an jeder Reflexion vorbei und ende im Extremfall im Rechtsextremismus (stimmt ebenfalls). Darauf, dass sich in Deutschland schon seit Jahren eine politisch sehr aktive Männerrechtsbewegung entwickelt hat, die im Internet ebenso prominent auftritt wie mit diversen Buch­publikationen (Michail A. Xenos "Medusa schenkt man keine Rosen" (2007), meine eigenen Bücher "Sind Frauen bessere Menschen?" (2001) und "Männerbeben" (2007)) geht Hollstein unangemessen kurz ein - oder gar abwertend. Zu den Forderungen der "Männerpartei" etwa formuliert er: "In dieser Reaktion auf einen einseitigen und männerfeindlichen Feminismus wiederholt sich spiegel­verkehrt eine maskulinistische Einseitigkeit, die dann auch nur folgerichtig in Frauenfeindlichkeit mündet." Was an den von Hollstein zitierten Forderungen der Männerpartei (unter anderem gleiche Rechte für Väter wie Mütter, die Gewichtung von Kindesentzug als Straftat, die inzwischen durchgesetzte stärkere zeitliche Begrenzung von Unterhalts­zahlungen, kein Verbot von Vaterschafts­tests, mehr Geld für Kinder und Bildung) "frauenfeindlich" sein sollen, erklärt Hollstein nicht. Stattdessen greift er zu einem Wort, das er zuvor richtig als Totschlag­begriff erkannt hatte.
Zugestanden: Wohl nicht einmal die Mitglieder der Männerpartei selbst dürften bestreiten, dass deren Rhetorik mitunter recht polternd daherkommt. Hierbei ist allerdings bezeichnend, dass Hollstein die hierzulande wohl führende und wichtigste Männerrechtsgruppe MANNdat e.V., die auf dieses polternde Auftreten verzichtet, sondern wesentlich sachlicher und gemäßigter daherkommt, gar nicht richtig wahrnimmt. Er erwähnt an zwei Stellen lediglich Kommentare, die "das Internetforum manndat.de" enthielt. In Wahrheit ist MANNdat viel mehr als das lediglich seiner Website angeschlossene Diskussionsforum, nämlich eine männerpolitisch hochaktive Gruppe. Wenn Hollstein Männern schon den Tipp gibt, dass sie für ihre Bedürfnisse eintreten sollten, dann hätte er ihnen ruhig auch den Weg dorthin weisen können, wo sie politisch etwas erreichen können. Hier und da einen kritischen Leserbrief zu schreiben, wird die Dinge wohl kaum zum Besseren wenden.
Dabei erkennt Hollstein durchaus, dass Veränderungen nur durch massiven politischen Druck möglich sind, etwa wenn er feststellen muss: "Innovativen Projekten, die ehrenamtlich betrieben werden, wie das 'Männerhaus' in Berlin für Männer in akuten Krisen­situationen, wird eine Unterstützung von der 'Senats­verwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen' versagt. Auch in solchen Konstellationen fehlt berechtigten männlichen Anliegen eine Lobby, die hilft und die Politik drängt." Die Lösung kann wohl kaum darin liegen, über die Jahrzehnte hinweg nur immer wieder neue Bücher zu verfassen, die zwar inhaltlich sehr stark sind, wegen der einseitigen Bericht­erstattung unserer feministischen Medien aber nur ein paar hundert Leser erreichen, während die Situation immer schlimmer wird. Hollsteins eigene Titel waren vor wenigen Jahren noch wesentlich mehr wischi-waschi formuliert, und wenn er sich jetzt dazu durchgerungen hat, endlich Klartext zu schreiben, liegt das wohl nicht zuletzt an den jüngsten Entwicklungen.
So trifft er ins Schwarze, wenn er schreibt: "Eine einseitige Frauenpolitik wird sich in nicht allzu entfernter Zukunft politisch dafür verantworten müssen, dass sie die Probleme von Jungen und Männern seit zwei Jahrzehnten willentlich ignoriert und damit einen sozialen Zündstoff provoziert, der jetzt schon die Grundfesten der demokratischen Ordnung unterminiert." Dazu ist aber offenbar politischer Druck aus der Bevölkerung nötig, wie in Hollsteins Fazit deutlich wird: "Für Jungen und Männer braucht es eine angepasste Jungen- und Männer­politik. Die Vereinten Nationen[wp] (UNO) haben 2004 Richtlinien dafür verabschiedet. Die Europäische Union (EU) hat 2006 in Helsinki nachgedoppelt und Richtlinien für eine europäische Jungen- und Männer­forderung formuliert." Die Reaktion in Deutschland? "Weder die Empfehlungen der UNO noch jene der EU werden zur Kenntnis genommen, geschweige denn umgesetzt. Das ist ein politischer Skandal, und da sind auch die Männer zu einem Anteil selber schuld, wenn sie nicht politisch einfordern, was schon längst hätte verwirklicht werden müssen. Das gilt vor allem auch für das Instrumentarium des 'Gender Mainstreaming', das im deutsch­sprachigen Raum nur für frauen­politische Maßnahmen genutzt wird." Und Hollstein bringt es noch mehr auf den Punkt: "Es geht offenbar nicht gütlich."
Das Unglückliche an solchen ausufernden Buchbesprechungen wie dieser ist wohl, dass manch ein Leser denken wird: Jetzt habe ich diese lange Rezension gelesen, jetzt brauche ich mir das Buch gar nicht mehr zu kaufen. Selten wäre das so falsch wie hier. Walter Hollstein verdichtet auf engstem Raum eine Unzahl von Informationen, von denen ich hier trotz aller Ausführlichkeit nur einen Bruchteil zusammen­stellen konnte. Ich empfehle die Lektüre des vollständigen Werkes mit großem Nachdruck.

Nicht zu verwechseln mit

Walter Hollsteins Buch "Was vom Manne übrig blieb - Krise und Zukunft des starken Geschlechts" wird oft verwechselt mit einem Buch mit sehr ähnlichem Titel von Ellen Kositza mit dem Titel "Gender ohne Ende oder Was vom Manne übrigblieb"[1]. Beide Bücher kamen zur gleichen Zeit heraus, was vermuten läßt, dass die hohe Ähnlichkeit der Titel nicht beabsichtigt, sondern zufälliger Art ist.

Einzelnachweise

  1. Ellen Kositza: Gender ohne Ende oder Was vom Manne übrigblieb, Antaios-Verlag 2007, ISBN 3-935063-77-6 (anderes Buch mit sehr ähnlichem Titel)

Netzverweise

  • Walter Hollstein: Der undressierte Mann, Cuncti - Streitbar am 2. Oktober 2012 (Seit Frühjahr 2012 ist der Band vergriffen. Er erscheint nun ganz neu bearbeitet, aktualisiert und um einige Kapitel erweitert im Verlag "Opus Magnum". Wir veröffentlichen einen Ausschnitt aus dem Schlusskapitel.)