Horst Lorenz Seehofer (* 1949) ist ein ehemaliger deutscher Politiker. Er war von 2008 bis 2019 Vorsitzender der CSU und fungiert seitdem als deren Ehrenvorsitzender.
Seehofer war Mitglied von insgesamt vier Bundesregierungen. Er amtierte von 1992 bis 1998 als Bundesminister für Gesundheit in den Kabinetten Kohl IV und Kohl V, von 2005 bis 2008 als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Kabinett Merkel I und von 2018 bis 2021 als Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat im Kabinett Merkel IV[wp].
Seehofer hatte von 2008 bis 2018 das Amt des Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern und von November 2011 bis Oktober 2012 zudem in Personalunion dasjenige des Bundesratspräsidenten inne. In letzterer Funktion hatte er nach dem Rücktritt von Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten am Februar bis März 2012 die präsidialen Amtsgeschäfte geführt.
Er war von 1980 bis 2008 Mitglied des Deutschen Bundestages und von 2013 bis 2018 ein solches des Bayerischen Landtags[wp].
Positionen
Zur Migrationspolitik:
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«Seit jeher formuliere ich meine Politik nicht danach, wie jemand auf mich zu sprechen ist, sondern nach dem, was notwendig ist zur Erreichung eines Zieles, das unserem Land dient. Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung. Es ist eine Herrschaft des Unrechts. Wenn wir politisch die Wiederherstellung von Recht und Ordnung nicht erreichen, dann müssen wir das eben juristisch angehen. Ich kann da nicht opportunistisch handeln und eine Klage unterlassen, nur weil ich befürchten muss, dass mich dafür nicht alle lieben. Das geht nicht. Damit würde ich übrigens auch viele in ganz Deutschland, die darauf achten, dass wir klaren Kurs halten, bitter enttäuschen. Dazu bin ich nicht bereit. Ich habe es auch nie für gut gehalten, sein Tun nach Wahlterminen zu richten. Die Menschen im Land sind viel zu intelligent, das nicht zu durchschauen.», Februar 2016[1][2]
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Als Reaktion auf Merkels Entscheidung, im September 2015 Flüchtlinge in großer Zahl aus Ungarn nach Deutschland fahren zu lassen, erklärte Seehofer:
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«Das war ein Fehler, der uns noch lange beschäftigen wird. Ich sehe keine Möglichkeit, den Stöpsel wieder auf die Flasche zu kriegen.», September 2015[3]
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In der Integrationsdebatte:
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«Es ist doch klar, dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen wie aus der Türkei und arabischen Ländern insgesamt schwerer tun. Daraus ziehe ich auf jeden Fall den Schluss, dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen. [...] Wir müssen uns mit den Menschen beschäftigen, die bereits hier leben. 80 bis 90 Prozent sind ja gut integriert. Die Integrationsverweigerer müssen wir aber härter anpacken.», Oktober 2010[11]
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Zur real existierenden Demokratie:
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«Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt, und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden.» - Horst Seehofer bei "Pelzig unterhält sich" Mai 2010[12]
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Anderes
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«Ich zögerte eine Weile, bevor ich die "Gemeinsame Erklärung 2018"[mp] unterschrieb. Sie schien mir zu allgemein, zu freundlich, zu unverbindlich. Ich dachte, die Diskussion wäre schon weiter. Da gab es immerhin ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, in dem die Frage nach der Rechtsgrundlage der Grenzöffnung vom September 2015 unbeantwortet blieb; zuvor schon hatte Horst Seehofer bundesweit für Aufregung gesorgt, als er in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse von einer "Herrschaft des Unrechts" sprach[1], wobei er sich auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Udo Di Fabio[13] bezog, der die Ansicht vertrat, die Bundesregierung wäre verpflichtet gewesen, die deutsche Grenze zu schützen [...]. Ich hätte mit allem Möglichen gerechnet, nur nicht mit dem Sturm der Entrüstung, der daraufhin losbrach. Als hätten ein paar Irre den Wiederaufbau der innerdeutschen Mauer oder die Einführung der Scharia in Bayern gefordert. Angefangen von einem meiner fleißigen Biographen, der mich auf dem linken Fuß erwischte, bis hin zu dem Flaggschiff der political correctness in der Bundesrepublik, wo man sich darüber wunderte, "Wer die Erklärung 2018 so alles unterschreibt", nämlich "Ministerialräte und Gesichtschirurgen", also genau die Leute, welche DIE ZEIT als Abonnenten und Leser schätzt.» - Henryk M. Broder[14]
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Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Seehofer unterstellt Merkel "Herrschaft des Unrechts", Passauer Neue Presse am 9. Februar 2016
- Anreißer: CSU-Chef Horst Seehofer rückt die von Merkel am 4. September vergangenen Jahres verkündete Grenzöffnung für Flüchtlinge in die Nähe von Unrechtstaaten: "Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung", klagte Seehofer in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse. "Es ist eine Herrschaft des Unrechts." Seehofers Äußerung bezieht sich darauf, dass die Bundesregierung nach Meinung der Staatsregierung und des von ihr beauftragten Verfassungsrechtlers Udo Di Fabio verpflichtet wäre, die deutsche Grenze zu schützen. Dass Flüchtlinge und Migranten ohne gültige Einreisepapiere ungehindert ins Land einreisen dürfen, ist aus Sicht Di Fabios und der CSU ein andauernder Rechtsverstoß. Formulierungen wie "Herrschaft des Unrechts" verwendete die CSU bislang aber für Diktaturen wie einst die DDR.
- ↑ Seehofer: Es ist eine Herrschaft des Unrechts, Süddeutsche Zeitung am 9. Februar 2016
- ↑ Streit über Flüchtlingspolitik: Seehofer wettert gegen Merkel - und lädt Orbán ein, Spiegel Online am 11. September 2015
- ↑ 4,0 4,1 Peter Issig: Zuwanderung: Horst Seehofer und der Spruch vom "Weltsozialamt", Die Welt am 19. Februar 2015
- Anreißer: Auf der Aschermittwoch-Veranstaltung[wp] der CSU in Passau sagte Ministerpräsident Horst Seehofer mit Blick auf die Fluchtbewegung aus dem Kosovo nach Deutschland und in die EU: "Wir sind nicht das Sozialamt für die ganze Welt." Er betonte, dass dieser Satz vor allem für den Balkan gelte. Die Welt orakelt, ob sich der Parteichef im Klaren wäre, in welche politische Tradition er sich damit einreihen würde. Die Formulierung soll nämlich schon von der rechtsextremen NPD ohne das Wort "ganze" plakatiert worden sein. Die AfD wandelte den Spruch 2013 ab: "Wir sind nicht das Weltsozialamt." Es scheint also, als übernehme der CSU-Chef angesichts der Konkurrenz von rechten Bewegungen deren Parolen. [...] In der CSU wollte man den Satz aus der Aschermittwochsrede nicht kommentieren. In Seehofers Umfeld wurde aber darauf hingewiesen, dass der CSU-Chef die Formulierung seit Jahren gebrauche, ohne dass es größere Aufregung gegeben hätte. Es sei nicht klar, ob nicht sogar NPD und AfD vom Parteivorsitzenden abgeschrieben hätten und nicht umgekehrt. Immerhin habe der CSU-Chef die Formulierung bereits auf dem Deutschlandtag der Jungen Union im Oktober 2010 in Potsdam verwendet. Im Übrigen sei er einer der ersten Politiker gewesen, der ein Verbot der NPD forderte.
- ↑ Seehofer beim Aschermittwoch: Wir sind nicht das Sozialamt der Welt, Huffington Post am 18. Februar 2015
- Anreißer: Das ist kein Kampf der Kulturen. Das ist ein Kampf der Zivilisation gegen die Barbarei.
- ↑ Horst Seehofer: "Multikulti ist tot", Handelsblatt am 15. Oktober 2010
- ↑ Carsten Lissmann: Seehofer erklärt Multikulti für tot, Die Zeit am 16. Oktober 2010
- ↑ Horst Seehofer (CSU CDU): Multikulti ist tot! Union tritt für deutsche Leitkultur ein (Länge: 0:09 Min.)
- ↑ Merkel&Seehofer: Multikulti ist tot - kabel 1 news (16. Oktober 2010) (Länge: 1:49 Min.)
- ↑ Seehofer zur Integration: Wir wollen nicht zum Welt-Sozialamt werden, Süddeutsche Zeitung am 16. Oktober 2010
- Anreißer: CSU-Chef Seehofer findet auf dem Deutschlandtag der Jungen Union harte Worte zur Integrationsdebatte.
- ↑ Horst Seehofer: Kampfansage an Schmarotzer und Zuwanderer, Focus am 9. Oktober 2010
- Anreißer: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer fordert eine härtere Gangart in der Sozial- und Ausländerpolitik. Im Umgang mit Hartz-IV-Empfängern habe man in Deutschland "noch nicht die letzte Tapferkeit entwickelt", sagte der CSU-Chef im FOCUS-Interview.
- ↑ Horst Seehofer bei Erwin Pelzig - Pelzig unterhält sich[wp] (BR) (28. Mai 2010) (Länge: 20:45 Min.) (ab 5:00 Min.) (Erwin Pelzig)
- ↑ Gutachten Udo Di Fabios zur Grenzsicherung, FAZ am 13. Januar 2018
- ↑ Henryk M. Broder: Erklärung 2018: Deutschland dreht durch, AchGut-Blog am 29. März 2018
Netzverweise