65.000 Menschen haben in Chemnitz deutlich Stellung gegen Rassismus und Hetze bezogen. Ein großartiges Zeichen, das aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass Rassismus, Antisemitismus, Homo- und Transfeindlichkeit für viele Menschen zum Alltag gehören. Vereine und Initiativen arbeiten jeden Tag dagegen an. Tarik Tesfu hat einen erfolgreichen YouTube-Kanal[ext], auf dem auch Rassismus immer wieder Thema ist. Gerade hat er eine neue Kampagne[ext] gestartet, um Projekte zu unterstützen, die an jedem Tag im Jahr gegen Ungleichbehandlung arbeiten.
Tarik Tesfu sammelt Geld für antirassistische Initiativen.
Sein Aufruf trägt den Titel "Rassismus den Stinkefinger zeigen!". Fünf Initiativen sind es insgesamt, für die über die Plattform GoFundMe Spenden gesammelt werden. "Natürlich war das Soli-Konzert in Chemnitz wichtig und gut. Neonazis, die den Hitlergruß zeigen, sind furchtbar und man muss sich gegen solche Leute positionieren, aber das ist nur ein Teil von Rassismus. Die Vereine und Gruppen, die People of Color supporten Nicht-Weiße unterstützen, machen das tagtäglich und müssen permanent auf Rassismus reagieren. People of Color[wp], die Rassismus abbekommen, sowieso," so Tesfu gegenüber Belltower-News.
Wenn sich 65.000 Menschen wie kürzlich in Chemnitz in Bewegung setzen und sich gegen Hass und Hetze positionieren, ist das ermutigend und stärkend für die Menschen vor Ort. Antirassistische Arbeit bedeutet aber mehr als das: "Ein Zeichen wie bei #wirsindmehr ist superwichtig, aber es gibt Initiativen, die durch dringende antirassistische Arbeit täglich Zeichen setzen." Natürlich sei Rassismus in Deutschland kein neues Problem, aber gerade Rechtspopulismus mache ihn immer gesellschaftsfähiger. Dazu kämen Politiker*innen aus den großen Parteien, die auf den Zug aufsprängen und versuchten, mit platten Parolen am rechten Rand nach Stimmen zu fischen. "Nazis mit Glatzen und Hitlergrüßen sind scheiße. Aber wenn ich den Bockmist höre, den Horst Seehofer sagt, oder die Reden der AfD, dann muss ich feststellen, das wirkliche Problem sind Politiker*innen. Rassismus war schon immer da, aber viele haben sich nicht getraut, rassistische Dinge zu sagen. Jetzt, wo Politiker*innen das im Deutschen Bundestag machen, muss man sich nicht wundern, wenn Leute im Alltag denken, das sei in Ordnung."
Der Rechtsruck, den wir gerade in Deutschland erleben, erhöht den Druck vor allem auf nicht-weiße Menschen. Gerade deswegen brauchen Organisationen, Initiativen und Vereine, die sich dagegen stark machen, Unterstützung. Das kann direkte Hilfe vor Ort sein oder eine Spende. Dazu ruft Tesfu mit seiner Kampagne auf. Insgesamt sollen fünf Vereine und Organisationen mit dem Erlös der Aktion unterstützt werden. Vier davon hat Tesfu selbst ausgesucht, ein fünfter Träger wurde von seiner Facebook-Community gewählt. Tesfu erklärt seine Wahl: "Pro Asyl ist eine große und renommierte Organisation, die tolle Arbeit mit Geflüchteten Invasoren macht. Ich finde es wichtig, auch so eine große Organisation im Boot zu haben. Zusätzlich habe ich Initiativen ausgesucht, die mir besonders am Herzen liegen. Da ist GLADT[10] ganz vorne mit dabei, weil GLADT weiß, dass Rassismus meistens nicht alleine um die Ecke kommt, sondern oft zusammen mit Homo- und Transfeindlichkeit, Sexismus oder Behindertenfeindlichkeit. GLADT ist intersektional. Ich bin schwarz und finde die Arbeit des ISD[wp] gut. Rassismus gegen Schwarze ist in Deutschland ein großes Thema und dass der ISD sich genau dieses Thema auf die Fahne geschrieben hat, finde ich wichtig. AGIUA[11] habe ich ausgewählt, weil die direkt in Chemnitz sind und dort Jugend- und Sozialarbeit leisten und dafür arbeiten, dass Willkommenskultur im Alltag sichtbar wird, wohlwissend, dass sich auch die Mehrheitsgesellschaft ändern und Vorurteile abbauen muss. Dann wollte ich aber auch noch einen Verein dabeihaben, der mit mir gar nichts zu tun hat. Die Leute, die spenden, sollten auch ein Mitspracherecht haben, und über Facebook habe ich die Community um Vorschläge gebeten. Dabei hat dann Women in Exile[12] gewonnen, ein Verein aus Potsdam, der durch Selbstorganisation von geflüchteten Frauen gegen Sexismus und Rassismus arbeitet."
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