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Liberalismus

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Hauptseite » Ideologie » Liberalismus

Der Liberalismus (von lateinisch liber, "frei"; liberalis, "die Freiheit betreffend, freiheitlich") ist eine politische Ideologie, die die Bewahrung und Aufrecht­erhaltung von politischer, geistiger und individueller Freiheit in den Mittelpunkt des politischen Denken und Handelns stellt. Der Liberalismus war ursprünglich eine im 17. Jahrhunderts aufgekommene politische Weltanschauung, deren Grundidee war, dass die Macht der staatlichen Obrigkeit weitgehend zu begrenzen sei, um dadurch individuelle Freiheit zu ermöglichen. Der Liberalismus entstand in einer Zeit, als der Feudalismus[wp] und Absolutismus[wp] allgemein verbreitete Herrschafts­formen waren. Die Liberalen stellten in ihren Ideen das Individuum in den Mittelpunkt, dessen individuelle Freiheit zu bewahren und zu schützen die einzige Aufgabe des Staates sei.

Das liberale Konzept wurde von Wissenschaftlern und Philosophen fortlaufend ausgearbeitet und auch neu interpretiert. Die ursprüngliche Idee des Liberalismus kann mit Erz verglichen werden, welches verflüssigt und in eine dem jeweiligen Zeitgeist entsprechende Form gegossen wird. Nicht nur das, es entstanden Misch­bereiche, vergleichbar mit Legierungen, denn Marxismus, Kommunismus, Sozialismus und Kapitalismus, sie enthalten alle mehr oder weniger stark Elemente des Liberalismus.

Entstanden ist der Liberalismus als ideen­geschichtliche Strömung in der Zeit der englischen Revolutionen[wp] im 17. Jahrhundert.[1]

Historisches Schlagwörterbuch

Liberal, ein aus dem Spanischen nicht lange nach den deutschen Freiheits­kriegen in der modernen Bedeutung entlehntes politisches Schlagwort. Es bezeichnet als solches die im staatlichen oder im bürgerlichen Leben betätigte freiheitliche und fortschrittliche Gesinnung. Das Wort selbst war freilich im Deutschen schon beträchtlich länger vorhanden.

Obwohl nun Littré 2, 1:293 den spezifisch politischen Sinn bereits bei Chateaubriand[wp] (1802) und bei Madame de Stael[wp] (1807) nachweist, so ist doch der Ausdruck als bestimmter Parteiname erst 1812 von den spanischen Konstitutionellen ausgeprägt worden. Deswegen rühmt Börne 5, 352 mit gutem Grund: "Die europäische Menschheit wird einst Spanien Vieles zu verdanken haben, und käme zu der alten Schuld auch Nichts hinzu, und hätte sie ihm auch Nichts zu verdanken, als das Wort liberal, das 1812 in den Cortes aufgekommen: ein Wort, das den Geist der Zeit verkörpert hat."

Doch dringt dies Schlagwort erst im dritten Jahrzehnt im Deutschen wirklich durch. Vgl. Meyer S. 38 f., sowie Görres 4, 263 (1821): "Die Entzweiung der Servilen und Liberalen, wie man sie zu nennen pflegt, ... Die Ersten lassen überall die Pflicht, als das absolut Bedingende, das Recht und die Autorität, die da gebietet, jede persönliche Freiheit, die gegenwirken will, ausheben und vernichten." Derselbe Schriftsteller spricht auch mehrfach vom Liberalismus, z. B. 5, 135 und 137 (1822-23).

Aus dem nächsten Jahrzehnt notiere ich beispielshalber Laube, Das neue Jahrhundert 2, 1 (1833): "Liberal bin ich, aber zu den Leuten, die sich die Liberalen nennen, will und werde ich nie gehören." Um dieselbe Zeit äußert sich Mundt, Moderne Lebenswirren (1834) S. 29: "Es gibt in allen Perioden gewisse Individuen, die man vorzugsweise Zeitindividuen nennen könnte. Sie müssen reden, singen, tanzen, jubeln und sich auf den Kopf stellen, damit man weit und breit erfährt, dass große Ereignisse zur Welt kommen. Sie sind die kapitolinischen Gänse[ext], die das Vaterland durch Geschrei retten; sie sind, mit einem Wort, Zeitindividuen, sie sind Liberale."

Auch bei den deutschen Verfassungskämpfen kommt der so genannten liberalen Partei[wp] eine besondere Bedeutung zu. Als sie sich dann 1848 zum größten Teil zur demokratischen entwickelte, bezeichnete sich die gemäßigte Fraktion speziell als altliberale Partei[wp]. Auch die im Jahre 1866 gebildete nationalliberale Partei[wp] adoptierte wieder das alte Stichwort, nur dass sie es entsprechend modernisierte.

Die Schlagkraft des Wortes ist noch heute durchaus lebendig und bewährt sich täglich aufs neue in immer weiterer und freierer Verwendung. Von modernen Zeugnissen sei nur an einen Ausspruch Bismarcks[wp], polit. Reden 5, 382 (1873) erinnert: "Der Herr Vorredner hat sich darüber beklagt, dass der 'Liberalismus' - ich bediene mich der Kürze wegen seines Ausdrucks - in den letzten Jahren Fortschritte gemacht hat. Ja, meine Herren, ich habe Ihnen das im vorigen Jahr ... vorhergesagt, dass dies wahrscheinlich der Fall sein werde; es ist auch möglich, dass er noch mehr Fortschritte macht."[2]

Zitate

Hans-Dietrich Genscher[wp] war im Winter 1945/46 tief beeindruckt von einem liberalen Redner mit seinem Postulat:

Zitat: «Liberalismus ist die umfassenste Alternative zu jeder Form der Unfreiheit.»[3]

Dieter Hallervorden[wp] über die Bundestagswahl 2013 und das Ausscheiden der FDP aus dem Deutschen Bundestag:

Zitat: «Der Liberalismus ist meine Heimat. [...] Mein höchstes Gut ist meine persönliche Freiheit, daher fühle ich mich dort gut aufgehoben, auch weil die Partei nicht über ideologische Scheuklappen verfügt. Der Liberalismus ist für mich die umfassendste Alternative zu jeder Form von Unfreiheit. Die Tatsache, dass diese Stimme jetzt im Bundestag nicht mehr gehört wird, hat mich schon geschmerzt.»[4]
Zitat: «Eine Partei wie die FDP ist dem endgültigen Untergang geweiht, wenn sie die Auseinandersetzung mit den gefährlichen und monströsen Ungeistern namens Mainstream, politische Korrektheit und Zeitgeist vermeidet statt den offensiven Streit mit diesen Geißeln der Menschheit zu suchen.» - Bettina Röhl[5]
Zitat: «Es gibt keinen vernünftigen Maßstab für die Verteilung des wirtschaftlichen Ertrags. Die Ergebnisse des freien Marktes sind recht­fertigungs­unbedürftig. Das ist die theoretisch elegante Lösung von Friedrich von Hayek und Milton Friedman[wp]. Doch wie wenig sie politisch zu überzeugen vermag, kann man an den Wahl­ergebnissen der FDP ablesen. Sehr viel über­zeugender klang in den Ohren der 1968er die Diagnose einer "Legitimations­krise des Spät­kapitalismus" und klingt in heutigen Ohren die Zauber­formel für ihre Überwindung: "soziale Gerechtigkeit". Das ethische Bedürfnis nach Rechtfertigung ist heute stärker als jedes materielle.» - Norbert Bolz[6]
Zitat: «Die FDP ist, von wenigen abgesehen, ein Sammel­surium von ideologisch verkrüppelten Appendices (Wurm­fort­sätzen), die sich mal mehr an der CDU/CSU, mal mehr an der SPD oder gleich an der Melonen­partei (Grüne: außen grün, innen rot mit vielen brauen Kernen) orientieren. Insofern hat die FDP mit dem klassischen Liberalismus, wie ihn Ludwig von Mises 1927 detailliert explizierte, nicht das Geringste zu tun. Auch die programma­tischen Positionen eines Karl-Hermann Flach[wp] und anderer heraus­ragender Liberalen sind längst aufgegeben und, von Sonntags­reden abgesehen, aus der Partei getilgt.»[7]
Zitat: «Politisches Freiheitsdenken kann heute eigentlich nur außer­parlamentarisch entstehen, denn es muss als Gegenentwurf zum herrschenden Zeitgeist neu gedacht werden. Dieser Zeitgeist zeichnet sich durch ein tief­sitzendes Misstrauen gegenüber den Menschen, ihren Fähigkeiten, Absichten und Potenzialen aus. Die Folgen dieses Misstrauens haben die politische Landschaft geprägt und eingeebnet: Zahllose Eingriffe in individuelle Freiheits­rechte, mit denen die Bevölkerung bevormundet und zum Zwecke eines zeitgemäß-nachhaltigen Lebens in kollektive Schutzhaft genommen wird (von Erziehungs-, Ernährungs- und Gesundheits­fragen über Meinungs- und Wahl­frei­heiten bis hin zu konkreten Handlungs- und Konsum­verboten), die Anpassung an grün-pessimistische, technologie- und somit menschen­feindliche Weltbilder sowie das rabiate staatliche Eingreifen in die Wirtschafts­entwicklung (von der politisch ver­anlassten Abschaltung der Atom­energie über die Energie­wende und die Vertreibung der Gentechnologie bis hin zur gesetzlichen Einführung von Mindest­löhnen), sind mittlerweile feste Bestandteile der Politik der Merkel-CDU - und auch der nun parlamentarisch ausradierten FDP - Matthias Heitmann[8]

Der Zustand des "Liberalismus" in Deutschland:

Zitat: «Feminismus ist liberal - Liberalismus ist feministisch» - Freie Demokratische Partei (FDP) im Jahr 2021[9]

Literatur

Zitat: «Das Liberale Institut[ext] in Zürich hat verdienst­vollerweise eine PDF-Version des Buches Die Partei der Freiheit: Studien zur Geschichte des deutschen Liberalismus[ext] von Ralph Raico[wp] zum Download bereit­gestellt. Die gedruckte Ausgabe des Buches ist 1999 im Verlag Lucius und Lucius, Stuttgart, in der Reihe Schriften zur Wirtschaftspolitik, Band 7, ISBN 3-8282-0042-7, veröffentlicht worden.

Ralph Raico ist Professor für europäische Geschichte an der State University of New York. Er hat in den 1960er-Jahren unter Betreuung von Friedrich von Hayek seine Dissertation an der Universität von Chicago geschrieben. Er war Herausgeber der New Individualist Review und übersetzte Schriften von Hayek und Ludwig von Mises ins Englische.

Der Autor beschreibt sehr faktenreich die Entwicklung des deutschen Liberalismus von seinem Ursprung im 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg. Die Studie führt schmerzhaft vor Augen, welch tiefen Niedergang der Liberalismus seit seinem Höhepunkt im 19. Jahrhundert erfahren hat. Die Lektüre des Buches empfiehlt sich allen, die diesen Prozess verstehen wollen.» - Adolf Rasch[10]

Zitat: «Ludwig von Mises
Liberalismus
Nachdruck der Originalausgabe von 1927
Sankt Augustin, Academia Verlag, 1993
ISBN 3-88345-428-1

Mises gibt nicht nur einen Überblick über das politische Programm des Liberalismus, sondern er zeigt auch dessen moralische Grundlage. Uns ist bis heute keine bessere Einführung in das freiheitliche Denken bekannt. Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis des Buches zeigt, wie umfassend Mises das Thema behandelt:

  1. Einleitung
    1. Der Liberalismus
    2. Die materielle Wohlfahrt
    3. Der Rationalismus
    4. Das Ziel des Liberalismus
    5. Liberalismus und Kapitalismus
    6. Die psychischen Wurzeln des Antiliberalismus
  2. Die Grundlagen liberaler Politik
    1. Eigentum
    2. Freiheit
    3. Frieden
    4. Gleichheit
    5. Die Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverhältnisse
    6. Das Sondereigentum und die Ethik
    7. Der Staat und die Regierung
    8. Demokratie
    9. Kritik der Gewalttheorie
    10. Das Argument des Faszismus
    11. Die Grenzen der Regierungstätigkeit
    12. Toleranz
    13. Der Staat und das antisoziale Verhalten
  3. Liberale Wirtschaftspolitik
    1. Die Organisation der Volkswirtschaft
    2. Das Sondereigentum und seine Kritiker
    3. Das Sondereigentum und die Regierung
    4. Die Undurchführbarkeit des Sozialismus
    5. Der Interventionismus
    6. Der Kapitalismus als die einzig mögliche Ordnung der gesellschaftlichen Beziehungen
    7. Kartelle und Monopole und der Liberalismus
    8. Bureaukratisierung
  4. Liberale Außenpolitik
    1. Die Staatsgrenzen
    2. Das Selbstbestimmungsrecht
    3. Die politischen Grundlagen des Friedens
    4. Nationalismus
    5. Imperialismus
    6. Kolonialpolitik
    7. Freihandel
    8. Freizügigkeit
    9. Die Vereinigten Staaten von Europa
    10. Der Völkerbund
    11. Rußland
  5. Der Liberalismus und die politischen Parteien
    1. Der "Doktrinarismus"der Liberalen
    2. Die politischen Parteien
    3. Die Krise des Parlamentarismus und die Idee des Stände- oder Wirtschafts­parlaments
    4. Die Sonderinteressenparteien und der Liberalismus
    5. Parteipropaganda und Parteiapparat
    6. Die Partei des Kapitals?
  6. Die Zukunft des Liberalismus» - Adolf Rasch[11]

Einzelnachweise

  1. Ralf Dahrendorf[wp]: Liberalism. In John Eatwell/Murray Milgate/Peter Newman (Hrsg.): The Invisible Hand. The New PalgraveMacmillan, London 1989, S. 183
  2. Otto Ladendorf: Historisches Schlagwörterbuch (1906)
  3. Christian Lindner, Hans-Dietrich Genscher: Brückenschläge: Zwei Generationen, eine Leidenschaft
  4. Volker Behrens: "Sein letztes Rennen": Hallervorden in Hamburg mit Standing Ovations gefeiert, Hamburger Abendblatt am 12. Oktober 2013
  5. Bettina Röhl: Kolumne Bettina Röhl direkt: Was ist Liberalismus?, Wirtschaftswoche am 15. Oktober 2013 (Die FDP ist aus dem Bundestag geflogen. Der freie Geist des Liberalismus wurde von der politischen Korrektheit erwürgt. Die Frage, was Liberalismus ist, impliziert, dass es Liberalismus gibt, der entdeckt werden muss.)
  6. Norbert Bolz: Diskurs über die Ungleichheit, 2009, S. 95
  7. WGvdL-Forum (Archiv 2): Cpt.Chilli am 14. August 2012 - 18:06 Uhr
  8. Matthias Heitmann: Liberalismus: Freiheitdenken neu erfinden, Novo-Argumente am 29. November 2013
  9. Pdf-icon-intern.svg Grundlagenprogramm Liberaler Feminismus, 2021 (51 Seiten)
  10. Geschichte des Liberalismus, Mehr-Freiheit-Blog am 4. Oktober 2010
  11. Adolf Rasch: Literaturempfehlungen[archiviert am 10. September 2012]

Querverweise

Netzverweise

Dieser Artikel basiert zusätzlich auf dem Artikel Historisches Schlagwörterbuch - Stichwort: Liberal von Otto Ladendorf, 1906.