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Buchhandel

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Ich habe es damals in Karlsruhe sehr deutlich miterlebt: Als ich da noch studiert habe, war das eine ordentliche Fußgängerzone[wp] mit allerlei Läden und zwei großen Kaufhäusern, Karstadt und Hertie. Und natürlich reichlich Buchhandlungen, vor allem in Universitäts­nähe. In der Buchhandlung Kellner und Moessner direkt gegenüber der Uni hat man wirklich alles und jeden getroffen, der irgendwas technisches studiert hat.

Zuerst gingen die Buchläden und die Kamera­geschäfte pleite. Sogar Kellner und Moessner irgendwann dann auch.

Der Grund war aber nicht der Internet-Online-Handel, den es damals in Deutschland noch nicht gab.

Der Grund war, dass in sämtlichen technischen Fächern, und besonders in Informatik, von der Kellner und Moessner hauptsächlich lebte, die deutschen Informatik­bücher qualitativ und quantitativ nicht mit den englisch­sprachigen mithalten konnten. Man bekommt so ein Gefühl für das Problem, wenn man mal deutsche Universitäts­buch­handlungen mit den Riesen­läden in amerikanischen Elite-Universitäten wie Stanford, MIT, Harvard verglich. (Mir sind übrigens mal die Augen übergegangen, als ich in Peking in einer chinesischen Universitäts­buch­handlung war.) Das war, als hätte man einen Tante-Emma-Laden mit Wertkauf oder Metro verglichen. Und es war nur überaus schwierig und unzuverlässig möglich, amerikanische Fachbücher in hiesigen Buchhandlungen überhaupt in den Katalogen zu finden, gar Preise zu eruieren, geschweigen denn, sie zu bestellen. Das war Abenteuer.

Es war bis zu ungefähr der Zeit, als ich Mitarbeiter wurde, richtig schwierig, hier an amerikanische Informatikbücher zu kommen, und die Alternative Web[wp] und elektronische Publikation gab es ja noch gar nicht. Man war da in vielen Bereichen schlicht abgeschnitten. Und dann erzählte man sich irgendwann, dass es eine kleine amerikanische Buchhandlung namens "Amazon" gab, bei denen man Bücher direkt abfragen und direkt über die Webseite bestellen konnte, und das auch noch deutlich billiger. Der Lieferweg war etwas, was damals irgendwie "Büchersack" hieß, günstig aber langsam, anscheinend per Schiff. Das hat mal 3 Wochen, mal 6 Wochen, mal 3 Monate gedauert, bis das da war, aber immer noch besser, schneller, leichter, günstiger als im Buchhandel.

Der Buchhandel hat einfach das Problem nicht erkannt. Die haben an der hundert Jahre alten Sitte festgehalten, dass gegessen wird, was auf den Tisch kommt und Fremd­sprachiges schon gleich gar nicht. Wozu willst Du ein amerikanisches Algebra-Buch? Es gibt doch auch deutsche?

Das Problem war nicht Internet und nicht Online. Das Problem war der Paradigmen­wechsel von "Du kaufst, was wir im Angebot haben" zu "Wir beschaffen, was Du kaufen willst."

Selbiges mit den Fotogeschäften. [...]

Das Problem ist nicht der Online-Handel an sich.

Das Problem ist eine Mischung aus fehlender Wettbewerbsfähigkeit[wp] und Borniertheit[wikt], migrations­verursachte Veränderungen in Bevölkerungs­zusammen­setzung und Konsum­profil, und vor allem der Globalisierung. Precht[wp] ist links, Linke wollen Globalisierung, das ist das Ergebnis. Filialketten.

Die Konkurrenz des Online-Handels mit seiner breiteren Auswahl und seinen geringeren Kosten kam erst später.

Letztlich ist das, was er da in den Fußgängerzonen sieht, die sozialistische Verelendung. Eine Bevölkerung, die nicht mehr konsumieren kann, die Kriminialisierung der Innenstädte, die Konkurrenz durch Globalisierung.

Hadmut Danisch[1]

Einzelnachweise

  1. Hadmut Danisch: Das Entsetzen des Linken vor der sozialistischen Verelendung, Ansichten eines Informatikers am 13. Oktober 2019 (Oder: Das Geschwätz des Richard David Precht[wp].)