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Kongo-Krise

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Information icon.svg Man beachte die Parallelen der Kongo-Krise (1960-65) zur Ukraine-Krise (2014 bis heute): Der Donbass nimmt die Rolle Katangas[wp] und Selenskij diejenige Mobutus[wp] ein.
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Die Kongo-Krise (oftmals auch als Kongowirren bezeichnet) war sowohl eine gewaltsame nationale Krise innerhalb der Demokratischen Republik Kongo[wp] als auch eine internationale Krise vor dem Hintergrund des Kalten Krieges[wp], die ungefähr von 1960 bis 1965 dauerte. Es ist ein Lehrbuchbeispiel für Neokolonialismus.

Machtbereiche während der Kongo-Krise:
 Regierung[wp] in Leopoldville[wp] im Westen
 Rebellenregierung[wp] mit Sitz in Stanleyville[wp] im Osten
 Autonome Region Süd-Kasai[wp]
 Sezessionsgebiet Katanga[wp] im Südosten
Ungefähre Ausdehnung der Simba-[wp] (rot) und Kwilu[wp]-Rebellion (gelb) im Jahr 1964.

Beginn der Krise/Belgische Invasion

Während der Krise, die sich unmittelbar nach der Erlangung der Unabhängigkeit im Jahre 1960 ereignete, meuterte die Force Publique[wp] gegen ihre belgischen Offiziere und gegen die Regierung. Die Streitkräfte fühlten sich nach der Unabhängigkeit benachteiligt, da die kongolesischen Soldaten keinerlei Offiziersämter ausübten und dieselben weiterhin von belgischen Offizieren innegehabt wurden. Dies führte zu schweren Ausschreitungen im Land, teilweise zum Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung sowie zu Übergriffen auf die im Land verbliebenen Belgier. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich rund 10.000 reguläre Soldaten Belgiens in den beiden Militär­stütz­punkten Kamina[wp] und Kitona[wp], die laut einem militärischen Beistandspakt zwischen dem Kongo und Belgien nur mit der Genehmigung des Präsidenten Joseph Kasavubu[wp] und des Minister­präsidenten Patrice Lumumba im Land operieren durften.

Nach den Übergriffen ließ die belgische Regierung ihre Truppen aus den Militär­stütz­punkten ausrücken, obwohl dies eindeutig eine Verletzung des Abkommens darstellte. Aufgrund der tatsächlich für belgische Staatsbürger bestehenden Gefahr für Leben und körperliche Integrität akzeptierten Kasavubu und Lumumba diese Aktion zunächst. Als die belgischen Truppen allerdings auf Anordnung des belgischen Verteidigungs­ministers Arthur Gilson[wp] begannen "die Ordnung" im Land wiederherzustellen, de facto anfingen die Kontrolle über große Teile des Landes wieder zu übernehmen, eskalierte die Situation. Zum einen kam es zu einer Massenflucht der noch im Land befindlichen Belgier, was anschließend zum Zusammenbruch der Wirtschaft führte, denn zu diesem Zeitpunkt besetzten die belgischen Bürger sämtliche Schlüssel­positionen in Wirtschaft und Verwaltung des Landes. Bis zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit hatten lediglich 18 Kongolesen in Belgien einen akademischen Abschluss erreichen dürfen. Zum anderen spaltete sich nun die rohstoffreiche und vom Bergbau­sektor dominierte Provinz Katanga[wp] unter der Führung des Separatisten Moïse Tschombé[wp] und dem Schutz belgischer Truppen ab. Die Region Süd-Kasai[wp] sezessierte sich später ebenfalls. Die militärische Intervention Belgiens wurde von Premierminister Lumumba als Verletzung der kongolesischen Souveränität abgelehnt und als Invasion eines unabhängigen Landes durch die alte Kolonialmacht gesehen, weshalb dieser die Vereinten Nationen um Hilfe bat.

Die Vereinten Nationen entsandten daraufhin einen mit einer Friedensmission beauftragten UN-Truppenverband[wp] auf Basis der UN-Resolution 143 vom 14. Juli 1960[1], dessen Friedensmission bis zum Juni 1964 dauerte und der die belgischen Truppen sukzessive ablöste. Die Blauhelme[wp] und die Westblock­staaten unterließen es allerdings, die Sezession[wp] Katangas rückgängig zu machen und die Provinz erneut in den kongolesischen Staatsverband wieder einzugliedern, weswegen sich die Regierung Kongos unter Lumumba und Kasavubu am 14. Juli 1960 an die Sowjetunion[wp] wandte. Der belgische Historiker David Van Reybrouck[wp] ist der Ansicht, dass Lumumba keinerlei ideologisches Motiv gehabt hatte, als er sich an Chruschtschow[wp] wandte, sondern sein Ansinnen lediglich aus pragmatischen Gründen an die einzige Macht richtete, die ihm Hilfe versprach, nachdem sein Land zum Spielball alter belgischer Imperial­interessen geworden war. Daraufhin wurde die lokale Krise zu einem Konflikt des globalen Kalten Krieges[wp], weil der Kongo zur damaligen Zeit und bis in die unmittelbare Gegenwart einen wichtigen Förder- und Export­staat von Cobalt[wp] und Uran[wp] darstellt, wurde so Lumumba - ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, zum Feind des Imperiums USA. Insbesondere der Abbau von Uran hatte für die USA entscheidende Bedeutung, beispielsweise stammte das Uran für das Manhattan-Projekt[wp] aus der kongolesischen Shinkolobwe-Mine[wp].

Verfassungskrise

Im September 1960 kam es in der Hauptstadt Léopoldville[wp] zur Verfassungskrise, in deren Verlauf sich Staatspräsident Kasavubu und Premierminister Lumumba gegenseitig für abgesetzt erklärten. Obwohl beide zunächst politische Partner waren, verstrickten sie sich immer mehr in eine persönliche Auseinandersetzung, zu welcher beide von den jeweiligen nationalen wie internationalen Unterstützern animiert worden sind. Präsident Kasavubu missgönnte Lumumba die zahlreichen Sonder­vollmachten, welcher derselbe als Premierminister besaß, und bevorzugte Regierungschefs, die seinem Willen folgten, wohingegen Lumumba wiederum enttäuscht war, dass er "nur" Regierungschef geworden war, obwohl er die Wahlen gewonnen hatte und Vorsitzender der größten nationalen Partei war.

Ermordung Lumumbas

Nach Absprache mit den USA[2] ergriff schließlich Oberst Mobutu[wp] durch einen Putsch die Macht, welcher Lumumba absetzte und Kasavubu[wp] die Ernennung eines selbigem genehmen Premierministers ermöglichte. Es folgte ein CIA-Mordauftrag gegen Lumumba, den der Leiter der Organisation im Kongo, Lawrence R. Devlin, jedoch nicht ausführte.[3][4] Stattdessen wurde Lumumba nach Katanga verschleppt und im Januar 1961 ermordet. Die Anhänger Lumumbas bildeten eine Gegenregierung in Stanleyville[wp] mit Antoine Gizenga[wp] an der Spitze, welche den Ostteil des Landes kontrollierte.

Bürger- und internationaler Stellvertreterkrieg

Im November 1960 war der Kongo zu einem internationalen Schlachtfeld geworden mit vier verschiedenen Regierungen und vier verschiedenen Hauptstädten mit jeweils eigener Armee und internationalen Bündnispartnern.

  • In Léopoldville[wp] genossen Kasavubu[wp] und Mobutu[wp] die Unterstützung der USA und der CIA.
  • In Stanleyville[wp] erhielt Gizenga[wp] die Hilfe der Sowjetunion[wp] und der Ostblock­staaten[wp].
  • In Élisabethville[wp] wurde Tschombé[wp] militärisch von Belgien und weißen Söldnern wie Mike Hoare[wp], Bob Denard[wp] und Jean Schramme[wp] und finanziell durch die Union minière du Haut Katanga[wp] unterstützt. Zusätzlich erhielt Tschombé die Unterstützung von den Apartheid-Regimes Südafrikas und Rhodesien-Njassalands[wp] unter Premierminister Roy Welensky[wp] und der Kolonialmacht Portugal, über deren Kolonie Angola durch die Benguelabahn[wp] in der Folge die mineralischen Rohstoffe Katangas ausgeführt worden sind.
  • In Bakwanga[wp] residierte der als "Diamantenkaiser" titulierte Albert Kalonji[wp], welcher durch das belgische Diamant­bergbau­unternehmen Forminière unterstützt wurde.

Tod des UNO-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld

Im September 1961 kam es aus ungeklärten Gründen zum Absturz eines UN-Flugzeuges[wp] nahe dem Flughafen Ndola[wp], im Grenzgebiet zwischen der abtrünnigen Provinz Katanga und Nordrhodesien[wp], dem heutigen Sambia[wp]. An Bord waren der damalige UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld[wp] und 15 weitere Personen. Hammarskjöld befand sich auf dem Weg nach Ndola zu einem Friedens­verhandlungs­treffen mit dem von Belgien und westlichen Geheimdiensten unterstützten kongolesischen Politiker Moïse Tschombé.[5]

Simba-Aufstand

Nach diesen Ereignissen erzwangen die zur Friedensmission entsandten UN-Truppen in den beiden Katanga-Feldzügen 1963 gewaltsam die Reintegration Katangas in den Staatsverband Kongos. Mit der Einnahme der Provinz Orientale durch Regierungs­truppen wurde die Einheit des kongolesischen Staates wiederhergestellt. 1964 begann im Osten des Landes der von Anhängern Lumumbas initiierte und getragene Simba-Aufstand[wp], welcher aber rasch durch kongolesische, US-amerikanische und belgische Truppen sowie weiße Söldner niedergeschlagen wurde. Die USA stationierten eigens zu diesem Zweck Einheiten der United States Air Force[wp], bestehend aus 13 North-American-T-28[wp]-Kampfflugzeugen, fünf Douglas-A-26[wp]-Bombern und drei Curtiss-C-46[wp]-Transport­flugzeugen, während Belgien Fallschirmjäger der Para-Commando-Brigade[wp] im Kongo stationierte. Auch das Eingreifen einer kleinen kubanischen Expeditions­truppe unter Che Guevara auf Seiten der Rebellen konnte keine Wende mehr herbeiführen. Paradoxerweise verbündeten sich während des Simba-Aufstandes nun die einstigen Feinde Kasavubu und Tschombé, wodurch es gelang das Land zu stabilisieren und der Bürgerkrieg damit endgültig beendet werden konnte. Belgien, das sich erleichtert über den erneuten Freundschafts­vertrag mit dem Kongo zeigte, übertrug daraufhin die Hoheitsgewalt über zahlreiche bisher belgische Unternehmen an den kongolesischen Staat. Der Kongo schien sich politisch zu konsolidieren, woraufhin zum zweiten Mal in der Geschichte der Unabhängigkeit Kongos Parlamentswahlen abgehalten worden sind, bei welchem ein Parteienbündnis unter Führung von Tschombé 122 der 167 Parlaments­mandate erringen konnte. Doch Kasavubu setzte den Wahlsieger Tschombé - wie dereinst Lumumba - am 13. Oktober 1965 ab und ernannte stattdessen den ihm gegenüber loyalen Politiker Évariste Kimba[wp] zum Premierminister, worauf Mobutu erneut einen Putsch durchführte, welcher zunächst von weiten Teilen des Bevölkerung begrüßt wurde, da viele Bürger eine erneute Kongo-Krise bzw. einen nochmaligen Bürgerkriegs­ausbruch befürchteten.

Literatur

  • Peter Scholl-Latour: Matata am Kongo. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1961.
  • Peter Scholl-Latour: Mord am großen Fluss. Ein Vierteljahrhundert afrikanische Unabhängigkeit. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1986, ISBN 978-3-421-06307-6.

Einzelnachweise

  1. Resolution 143 des UN-Sicherheitsrats v. 14. Juli 1960 (engl., franz.), abgerufen am 3. Mai 2019
  2. Lumumba-Mord: Sohn kündigt Klage gegen zwölf Belgier an, Der Standard am 22. Juni 2010
  3. Scott Shane: Lawrence R. Devlin, 86, C.I.A. Officer Who Balked on a Congo Plot, Is Dead, The New York Times am 11. Dezember 2008 (englisch)
  4. Daniel Stern: Eisenhowers Zahnpasta - CIA im Kongo, Die Wochenzeitung (WOZ) am 5. August 2007
  5. Neue Spur zum mysteriösen Flugzeugabsturz von Dag Hammarskjöld, heise/tp vom 8. August 2016

Netzverweise


Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Kongo-Krise (29. Dezember 2024) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Der Wikipedia-Artikel steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar, die vor Übernahme in WikiMANNia am Text mitgearbeitet haben.