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Hawala-Finanzsystem

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Hauptseite » Religion » Islam » Hawala-Finanzsystem
Funktionsweise von Hawala - 1: A übergibt Geld (rot) an X und nennt ihm den Code (blau);
2a/2b: Code wird unabhängig von­ein­ander an B sowie M mitgeteilt;
3a: B nennt gegenüber M das Code­wort,
3b: woraufhin M weiß, dass B recht­mäßiger Empfänger ist und ihm das Geld aushändigt.

Das Hawala-Finanzsystem (arabisch حوالة, von حَوَّلَ / ḥawwala / 'wechseln, überweisen'; Hindi: Vertrauen; auch der moderne Begriff Avalkredit[wp] bezieht sich darauf) ist ein weltweit funktionierendes informelles Überweisungs­system, das seine Wurzeln in der früh­mittel­alterlichen Handels­gesellschaft des Vorderen und Mittleren Orients hat.[1] Es ist nicht Teil des seit den 1970er Jahren entwickelten islamischen Bankwesens[wp]. Mit dem Hawala-System kann Geld schnell, vertraulich und sehr kosten­günstig transferiert werden.[2]

Charakteristik

Hawala ist nicht das einzige, öffentliche Geldtransfer­system, das unabhängig vom normalen Bankverkehr existiert. In Pakistan wird es "hundi" genannt, in China ist es das "fei ch'ein" und in Lateinamerika das "Kolumbianische System".

Das Hawala-Finanzsystem ist preisgünstig (0,5 bis 1,25 % vom Überweisungs­betrag), ist schnell und einfach. Ich wende mich an meinen örtlichen Hawaladar, übergebe ihm das Geld für einen ausländischen Zahlungs­empfänger und nenne ihm womöglich noch ein Kennwort, mit dem sich der Zahlungs­empfänger authentifizieren muss. Der Hawaladar nimmt dann den Kontakt zu seinem Gewährsmann im Zielgebiet auf, der entweder direkt oder über einen weiteren Gewährsmann die Auszahlung vornimmt. Die Einnahmen und Ausgaben werden zwischen den beteiligten Hawaladaren verrechnet oder bei Gelegenheit ausgeglichen.

Das Hawala-System ist ein beachtlicher Wirtschafts­faktor mit starken Finanz­strömen. "Laut einem Bericht des Commonwealth sollen es jährlich zwischen 100 bis 300 Milliarden Dollar sein. In Indien davon alleine zwischen 10 und 20 Milliarden und in Pakistan rund 5 Milliarden. In den USA soll der Umsatz des IMTS (Informal Money Transfer Systems) 4 bis 10 Prozent des GDPs (Brutto­sozial­produkt) ausmachen und in Europa, so wird geschätzt, 7 bis 16 Prozent."[3]

Das System basiert auf Vertrauen. Hawaladare, die sich auf kriminelle Geschäfte einlassen oder unzuverlässig sind, werden aus den Handels­beziehungen ausgeschlossen.[4]

Unechte Hawala

Im Zusammenhang mit international tätigen kriminellen Organisationen dürften überwiegend Syndikats­strukturen nach dem Vorbild der Hawala zum Einsatz kommen (Syndikat[wp]), nicht aber das Hawala-Finanzsystem selber. Deshalb kann man das "unechte Hawala" nennen, weil sie eher die Form eines Filial­systems nachbilden, in dem der Forderungs­ausgleich in einer Art "Konzernbilanz" erfolgt.

Wegen dieser Form sind sie den Auslands­nieder­lassungen der Banken und internationalen Speditionen (Inkassodienste, Nachnahme) nicht unähnlich.

Das Hawala-Prinzip funktioniert auch ohne ein strukturiertes Netzwerk zwischen den Hawaladaren, wenn gewachsene Vertrauens­strukturen vorhanden sind, die auf einer ethnischen Zugehörigkeit, familiären Bindungen oder anderen Beziehungen beruhen, die eine Zusammen­gehörigkeit entstehen lassen.[4]

Hawala im deutschen Recht

Zivilrechtlich handelt es sich bei der Hawala um eine nach dem Vorbild der Überweisung erweiterte Anweisung nach den §§ 783 ff. BGB.

Die Hawala ist somit grundsätzlich als legales Geschäft anerkannt und auch nicht als solche verboten.

Der Hawaladar kann sich jedoch im Einzelfall strafbar machen, wenn er sich leichtfertig an einer Geldwäsche beteiligt (§ 261 StGB) oder ansonsten bewusst die Straftaten anderer unterstützt.

Eine Besonderheit weist jedoch das deutsche Recht auf:

Die Annahme und Weiterleitung des Überweisungs­betrages ist eine "Durchführung des bargeld­losen Zahlungs­verkehrs und des Abrechnungs­verkehrs (Girogeschäft)" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 9 Kreditwesengesetz - KWG - und deshalb ein Bankgeschäft[wp] nach dem KWG.

Die gewerbsmäßige Ausübung von Bankgeschäften bedarf nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG einer schriftlichen Genehmigung der Bundesanstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht - BaFin. Dies gilt auch dann, wenn der Hawaladar das Geschäft in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Dazu reichen eine präzise Buchführung und gut dokumentierte Korrespondenz aus.

Handelt der Hawaladar ohne (schriftliche) Erlaubnis, so macht er sich gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbar und kann mit Geldstrafe oder mit Freiheits­strafe bis höchstens 3 Jahre bestraft werden.[4]


Hawala ist der Name eines ursprünglich arabischen Finanzsystems, das im 14. Jahrhundert entstand und bis heute in abgewandelter Form als Avalkredit von Bedeutung ist. Die Grundlage des Hawala-Systems bildet das gegenseitige Vertrauen der Handelspartner.

Das Ziel besteht in der raschen Überweisung von Bargeld. Wer eine bestimmte Summe transferieren will, der übergibt sie dem Händler (Hawaladar genannt). Dieser steht in Kontakt zu einem weiteren Hawaladar an dem Ort, an dem der gewünschte Empfänger des Geldes sich befindet. Dieser Hawaladar rechnet das transferierte Geld in die jeweilige Landes­währung um. Der Wechselkurs, der dabei zu Grunde gelegt wird, ist in der Regel deutlich günstiger als bei den Banken. Das wird dadurch möglich, dass sich die Händler mit einer vergleichsweise niedrigen Provision begnügen. Der Hawaladar zahlt das Geld an den Empfänger aus, wobei ein Codewort zum Einsatz kommt. Dieses wurde zwischen dem Absender und dem Empfänger des Geldes vereinbart. Der erste Händler hat nun Schulden bei dem zweiten Händler, die dem Wert des gewechselten Geldes entsprechen. Da die Hawaladar regelmäßig miteinander zu tun haben, werden die Verbindlichkeiten nicht unmittelbar beglichen, sondern mit zukünftigen Geschäften verrechnet. Der Ausgleich der Schulden muss dabei nicht durch Bargeld erfolgen und auch der Eintausch von Wert­gegenständen wie Schmuck oder Gold ist möglich.[5]

Einzelnachweise

  1. Pdf-icon-extern.svg Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktions­sicherung im islamischen hawala-Finanzsystem[ext] - M. Schramm und M. Taube, Universität Duisburg, Juli 2002
  2. Wikipedia: Hawala
  3. Alfred Hackensberger: Das Banksystem der Armen, Heise/Telepolis am 21. Mai 2004
  4. 4,0 4,1 4,2 Cyberfahnder: Hawala
  5. Finanzlexikon: Hawala

Netzverweise

  • Wikipedia führt einen Artikel über Hawala
  • Pdf-icon-extern.svg Die Entstehung des Hawala-Finanzsystems[ext] - Clemens Holzkorn (10 Seiten)
  • Definition "Hawala", MDR am 1. März 2017 (Das Wort Hawala kommt aus dem Arabischen und heißt übersetzt "wechseln, überweisen". Das Hawala-Finanz­system bezeichnet einen Geldtransfer, der außerhalb des bestehenden Banken-Systems vollzogen wird. Dabei fußt diese Form des Geldtransfers bzw. Überweisungs­systems vorrangig auf das Vertrauen der Geschäfts­partner untereinander, deren verwandt­schaftliche oder lands­männische Beziehung.)
  • Paul Nehf: Hawala-System: So funktioniert der geheimste Geldtransfer der Welt, Die Welt am 15. Dezember 2015 (Mit einem uralten System verschieben muslimische Mittelsmänner Milliarden um die Welt. Ihr Geschäftsmodell: Vertrauen und Verschwiegenheit. Daesh und al-Qaida lieben es - weil Kontrolle kaum möglich ist.)
  • Jochen Stahnke: Hawala-Finanzsystem: Geld von Mensch zu Mensch, FAZ am 11. August 2009 (Hawala heißt das traditionelle Überweisungssystem in der muslimischen Welt. Es kommt ohne Banken aus. Gut funktioniert es in fragilen Staaten wie Somalia und Kenia, wo die Menschen einander vertrauen müssen.) (Hawala ist ein traditionelles Überweisungssystem in der muslimischen Welt, das ohne Bankwesen und weitgehend ohne Formulare auskommt. Unter anderem Namen wird es auch in Ländern wie China, Mexiko oder Indien zum Teil seit Jahrhunderten genutzt - meist überall dort, wo Menschen nicht sesshaft leben oder es kein lückenlos funktionierendes Bankenwesen gibt. [...] Die Vorteile von Hawala liegen auf der Hand: Man benötigt kein Konto, kaum Schriftverkehr und keine Geduld. Mit der Transaktions­firma Kaah-Express dauert eine Überweisung selten länger als einen Tag, nach Äthiopien oft gar bloß Minuten. Und Gastarbeiter wie gerade jene aus Somalia verfügen oft weder über viel Vermögen noch über ein Bankkonto, so dass Hawala vor allem für Illegale meist die einzige vertrauens­würdige Alternative bleibt. [...] Hawala beruht vor allem auf Vertrauen, vielleicht mehr noch als im normalen Bankgeschäft. Garantie sind das gegebene Wort und die meist langjährige gute Zusammenarbeit. "Wer hier einmal betrügt, ist raus, und zwar un­wider­ruflich", sagt Ökonom Schneider. "In der westlichen Welt haben wir Freundschaft und Vertrauen rasch abgelegt", bedauert er, "in anderen Weltgegenden ist das ganz anders.") (Das BKA sieht Hawala etwas kritischer. Hawala wird "besonders für den Terrorismus­bereich als geeignete Methode des Geldtransfers angesehen". Bei den Terror­anschlägen vom September 2001 allerdings wurden für Überweisungen bekanntlich meist ganz legale Bankwege genutzt.)
  • Flexibles altes islamisches Finanzsystem: Hawala - Geldüberweisung ohne Spuren, Neue Zürcher Zeitung am 31. Mai 2002 (Das alte islamische Finanzsystem Hawala ermöglicht ohne grosse Infrastruktur Geld­überweisungen, die praktisch keine buch­halterischen Spuren hinterlassen. Terror­gruppen wie die al-Kaida nutzen offenbar dieses System für ihre Finanz­transaktionen. Mit Verboten ist ihm allerdings nicht beizukommen.)