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Friedensdividende
Die Friedensdividende bezeichnet den sich aus dem Frieden ergebenden materiellen oder immateriellen Nutzen, wobei in erster Linie an die Situation ohne Krieg gedacht wird.
Zur vordergründigen Sicht kommt die ergänzende Erkenntnis, dass auch für eine friedliche Ordnung im Innern eines Staates, einer Gesellschaft, von arbeitenden Gemeinschaften, auch der einzelnen Menschen - intraindividuell - gesorgt werden muss, also für eine "Ruhe der Ordnung" (Augustinus[wp]). Diese ist eine Voraussetzung für Friedensnutzen. Allerdings befinden sich Friede und Freiheit in einem beständigen Wettstreit: Einerseits wird Freiheit unter zeitweiliger Preisgabe des Friedens verteidigt, andererseits aber Friede unter zeitweiliger Opferung von Freiheitsspielräumen begehrt. Je stärker ein Freiheitsraum als eingeschränkt empfunden wird, desto wertvoller erscheint der Rest an Freiheit und desto intensiver ist dann dessen Verteidigung - auch unter Opferung des Friedens. Der Friede um jeden Preis (utopischer Gesinnungspazifismus - Ockenfels[wp]) wirft jedoch keine Friedensdividende ab. Damit werden ökonomische Dimensionen von Friede und Freiheit offenbar. Das ökonomische Anliegen auch jedes einzelnen Menschen, Frieden in Freiheit zu erhalten oder wiederzuerlangen, führt zu Investitionen, die man als Friedensaktien verstehen kann. Dazu gehören jegliche angemessene Rüstung eines Staates (Militärökonomik), aber auch das Schaffen und Erhalten einer in Werten beruhenden Ordnung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse, Abwesenheit von Existenzangst, Chancen zu beruflichem und materiellem Aufstieg und zur Bewahrung der Ergebnisse, Erhalt und Stärkung der Lebensqualität, dann auch Zuversicht hinsichtlich des Bestandes garantierter Grundfreiheiten dem Staat gegenüber und der Schutzbereitschaft und -fähigkeit des Staates für kulturelle Werte, selbst wenn diese nur einer sog. Minderheit werthaltig erscheinen. Diese immateriellen Investitionen in Friedensaktien führen zu Vertrauen in Rechts- und Sozialstaatlichkeit und wecken zugleich eigene Kräfte für menschenwürdiges Miteinanderleben. Allerdings hat Friedensdividende erhebliche intangible Anteile, die einer weitgehend subjektiven Beurteilung unterliegen. Damit eine solche überhaupt möglich wird, ist personale Bildung mit ihren vieldimensionalen Zusammenhängen erforderlich (Bildungspolitik). Es steigt die individuelle Befähigung, Konflikte ohne Gewalt - jedoch nicht um jeden Preis - auszutragen und damit in den erforderlichen Opfern (Kosten) weitgehend berechenbar zu halten.
Literatur: Zsifkovits, V., Der Friede als Wert, München, Wien 1973. Ockenfels, W, Frieden, in: Kirchhoff, G. (Hrsg.), Handbuch zur Ökonomie der Verteidigungspolitik, Regensburg 1986, S. 287ff. Kirchhoff, G., Friedensdividende, in: WiSt, 20. Jg. (1991), S. 463 f.
Netzverweise
- Die Friedensdividende ist aufgezehrt, Der Standard am 21. November 2015
- Metamorphosen des Kriegs im 20./21. Jahrhundert: Herfried Münklers jüngstes Buch hat das Zeug zu einem politologischen Standardwerk
- Peter Rásonyi: Schrumpfende Verteidigungsausgaben: Europas Friedensdividende läuft aus, Neue Zürcher Zeitung am 17. November 2015
- Friedensdividende: Studie ergibt, dass die israelische Wirtschaft in den ersten zehn Jahren nach einem Friedensschluss um $123 Milliarden wachsen würde, Radio Utopia am 9. Juni 2015
- Eine neue Studie der RAND Corporation hat jedenfalls eindeutig ergeben, wieviele Dollars durch wirtschaftliches Wachstum Israel allein dadurch erwarten kann, dass es nicht das ultraparanoide Sparta in der Levante bleibt, das in eine endlose Reihe von sinnlosen Kriegen mit seinen verarmten Nachbarn verstrickt ist.
- Jason Ditz: Friedensdividende: Studie ergibt, dass die israelische Wirtschaft in den ersten zehn Jahren nach einem Friedensschluss um $123 Milliarden wachsen würde, antikrieg.com am 9. Juni 2015
- Israelische stellvertretende Außenministerin sagt, dass keine Chance auf einen Frieden mit "verhassten" Palästinensern besteht
- Peace Dividend: Study Says Israeli Economy Would Grow by $123 Billion in First Decade After Peace Deal, antikrieg.com am 8. Juni 2015
- Israeli Deputy FM Says No Chance of Peace With 'Hateful' Palestinians
- Michael Dedeck: Die Friedensdividende: Enttäuschte Hoffnungen?, Wissenschaft & Frieden 1997-2: Quo vadis Europa
- Der Rückgang der weltweiten Militärausgaben um mehr als 30 Prozent zwischen 1987 und 1994 setzte enorme finanzielle Mittel für die zivile Verwendung frei. Schnell kamen Hoffnungen auf eine direkte Friedensdividende für nachhaltige und soziale Entwicklung auf, die fast genauso schnell enttäuscht wurden.
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Friedensdividende von Wirtschaftslexikon24. |